Wer war Joseph Beuys?

Prof. Heiner Barz vor dem Beuys-Portrait von Andy Warhol im K20

 

Von kaum einem anderen Künstler des 20. Jahrhunderts gingen so viele Provokationen und Anregungen aus wie von Joseph Beuys (1921-1986). Beuys lebte in Düsseldorf und lehrte an der Kunstakademie. Er hat mit seinem erweiterten Kunstbegriff („Jeder Mensch ist ein Künstler“) und seiner Idee der „sozialen Plastik“ gesellschaftsverändernde Impulse realisiert.

Nicht zuletzt hat er den Hochschul- und Bildungsbetrieb nachhaltig irritiert – etwa indem er sich weigerte, an der Kunsthochschule Aufnahmebeschränkungen für Studierende umzusetzen und allen Lernwilligen den Zugang gestattete. Das führte zu seiner Entlassung durch den damaligen Wissenschaftsminister, den späteren Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten Johannes Rau.

Auf der Kasseler „documenta 7“ (1982) stellte Beuys sein großes Landschaftskunstwerk „7.000 Eichen“ vor („Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“), das gesellschaftspolitische und ökologische Intentionen aufscheinen ließ. Mehrere Schulen haben ihn als Namenspatron gewählt, so etwa die Joseph-Beuys-Gesamtschulen in Düsseldorf und Kleve.

 

Auf den Spuren von Joseph Beuys

Auf den Spuren von Beuys

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Joseph Beuys (1921 – 1986) war nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts, er war darüber hinaus auch seiner Zeit weit voraus hinsichtlich seiner politischen und pädagogischen Ansichten. Im Jahr 2021 wäre er 100 Jahre alt geworden – Um dafür zu sorgen, dass er nicht in Vergessenheit gerät, wollen wir mit unserem Projekt „Auf den Spuren von Beuys“ uns auf die Suche begeben – nach Menschen, die ihn gekannt haben, nach Orten, an denen er gewirkt hat, seine Werke mit dem heutigen Blick betrachten, aktuelle Beispiele finden und diskutieren – und all das nicht im Veranstaltungskontext, sondern ganz direkt und unmittelbar mit jedem von euch!

Ziel unseres Projekts ist es, dass Joseph Beuys wieder allgegenwärtig wird, wir wollen über ihn sprechen und damit auch jüngeren Generationen seine Ansätze und Gedanken näher bringen.

Professor Heiner Barz, Leiter der Abteilung für Bildungsforschung befasst sich schon seit Längerem, auch in Lehrveranstaltungen, mit Joseph Beuys. Er leitet das Projekt ‚Auf den Spuren von Beuys‘:

„Natürlich kannte ich den Namen Joseph Beuys seit vielen Jahren und hatte auch einige vage Vorstellungen – aber näher zu interessieren begann ich mich für ihn ab dem Moment, wo ich im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) vor etlichen Jahren ein Video seiner Aktion „I like America and America likes me“ (1974) sah.

Beuys in einem Raum mit einem Koyoten, der an seinem Umhang zerrte. Oben ragte ein Krummstab aus dem ihn zeltartig umgebenden Filzumhang heraus, der an einen Schäferstab oder auch einen religiösen Hirtenstab erinnerte. Ohne die näheren Hintergründe und den symbolträchtig inszenierten Ablauf zu kennen, hatte allein das Motiv des irgendwie gefährlichen und doch irgendwie zum Gefährten gewordenen Koyoten, den der Schamane Beuys sich da gewissermaßen als Zellengenossen gewählt hatte, eine magische Aura.

Als dann auch noch unsere „englische Freundin“ Sally Holman von ihren Begegnungen mit Beuys im Edinburgh der frühen 70er Jahre erzählte, begann ich mich intensiver mit Beuys verschiedenen Aktionen zu beschäftigen. Und war ein ums andere Mal fasziniert. Denn in jeder Aktion finden sich unzählige, multiperspektivische, fast unerschöpfliche Bezugspunkte. Man kann jedenfalls ziemlich viel heraus- und hineinlesen – und vielleicht erwischt man manchmal auch etwas davon, was Beuys selbst damit ausdrücken oder anstoßen wollte.

Wobei es für mich mittlerweile fast unwichtig ist, ob er dieses oder jenes gemeint hat. Es soll ja sowieso ein Merkmal echter Kunst sein, dass sie sich eben nicht in eine Botschaft übersetzen läßt. Und Beuys sagt dazu, wenn man die Intention seiner Aktionen umstandslos als sprachliche Aussage formulieren könnte – dann hätte er sich ja seine Aktionen sparen und statt dessen ein paar Sätze formulieren können. – Dass sich der Name Beuys auch in schulischen und hochschulpolitischen Zusammenhängen findet, weckte zusätzlich mein Interesse.

So entstand der Plan, sich auf die Suche nach ein paar interessanten Menschen zu machen und sie über Joseph Beuys zu interviewen. Highlights aus der Interviewserie stellen wir hier auf unserem Blog „Beuys – Kunst, Vision, Pädagogik“ vor. Gleichzeitig mit unserem Beuys-Blog startet unser Facebook-Account „Auf den Spuren von Beuys“. Der Facebook-Account soll eine Sammelstelle sein, wo Menschen ihre eigenen Erinnerungen an Beuys, ihre eigenen Interpretationen und auch Ideen einbringen können, die sich auf Beuys‘ Bedeutung für Gegenwart und Zukunft beziehen.“

Beuys auf Youtube

Die komplette Youtube-Playlist von „Barz außer Haus – Auf den Spuren von Beuys“ finden Sie hier. Alle weiteren, neu entstehenden Interviews werden hier ebenfalls hochgeladen und integriert, also am besten direkt folgen!

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Sally Beuys

Sally Holman und Joseph Beuys in Schottland, ein Bild aus dem Demarco Archiv

Richard Demarco, Kunstsammler

Das Video-Interview mit Richard Demarco, mit dem wir die Reihe beginnen, kam zustande auf Vermittlung von Sally Holman (rechts im Bild), die als junge Frau in den 70er Jahren in der Richard Demarco Gallery in Edinburgh einige Jahre gearbeitet hatte. Sie war auch bei Beuys‘ (links im Bild) Performances in Edinburgh und bei den ausgedehnten Ausflügen auf den Spuren der Kelten in Schottland mit dabei. Wir starten mit der außergewöhnlich produktiven Freundschaft Demarco-Beuys auch deshalb, weil die Bezüge von Beuys nach Schottland, wie überhaupt die Bezüge vieler Düsseldorfer Künstler zu Richard Demarco in der Beuys-Rezeption auch anläßlich des Jubiläumsjahrs 2021 nur wenig präsent zu sein scheinen.

Die Demarco Archives sind frei zugänglich im www und per interner Suchfunktion gut erschlossen. Man kann dort also z.B. nach Beuys, unserer Freundin Sally Holman oder auch der Künstlerin Marina Abramovic suchen.

Richard Demarco, Edinburgh, Künstler und Kunstexperte

„Barz außer Haus“: Im Sommer 2019 traf ich Richard Demarco am Rande des Fringe-Festivals zu einem Interview im Summerhall-Kulturzentrum, Edinburgh, wo die reichen Bestände seines Archivs aufbewahrt werden und wo er noch – inzwischen hochbetagt – fast täglich arbeitet. Ein Teil des Archivs ist digital verfügbar, zu Beuys und Demarco etwa findet man dort viel Bildmaterial.

Richard Demarco, geb. 1930 in Edinburgh, ist Künstler, Gallerist und seit den 60er Jahren eine zentrale Persönlichkeit der schottischen und britischen Kunstszene. Demarco hat seit den 60er und 70er Jahren (später) weltberühmte Künstler wie Joseph Beuys, Marina Abramovic, Tadeusz Kantor, Richard Buckminster Fuller nach Edinburgh geholt und mit ihnen dort wichtige, einzigartige Performances initiiert. Demarco hat schon früh die Bedeutung visueller Dokumentation erkannt und schon damals pausenlos fotografiert und gefilmt bzw. filmen lassen. Auch international ist seine Expertise bis heute gefragt – etwa für Lectures und Symposien in London, auf der Biennale in Venedig (2019) oder im Guggenheim-Museum Bilbao (2018). Demarco hat Joseph Beuys seit 1970 immer wieder für Ausstellungen und Performances nach Edinburgh eingeladen und mit ihm z.B. auch ausgedehnte Reisen unternommen. Für Beuys war die Begegnung mit der Welt der Kelten, die ihm Demarco nahegebracht hatte, eine wichtige Etappe seiner Werkentwicklung. Auch in Buchpublikationen fand die Beziehung Beuys und Demarco ihren Niederschlag:

Demarco war bzw. ist eine zentrale Persönlichkeit in der schottischen Kunstszene – und er war die zentrale Scharnierstelle für Beuys schottische Exkursionen. Er ist bis heute – inzwischen 90 Jahre alt – aktiv: https://en.wikipedia.org/wiki/Richard_Demarco

Zuletzt hat er auf der Biennale in Venedig 2019 im Mai an einem Symposion mitgewirkt – eine mehrtätige Veranstaltung zu seinen Ehren in Cornwall musste im Frühjahr 2020 coronabedingt ausfallen. Aber es gab viele Berichte über und eine große Online-„FESTSCHRIFT“ für ihn, in der auch unser Interview mit ihm integriert war:

https://www.demarcoarchive.com/90th-digital-birthday-gallery

https://www.creativescotland.com/what-we-do/latest-news/archive/2020/07/90th-birthday-of-richard-demarco

https://www.artlyst.com/features/richard-demarco-art-impresario-90-clare-henry/

2. Es gibt (mindestens) drei Bücher zur Beziehung Beuys und Demarco (unten die Covers):

Beuys, Kantor, Demarco (Polnisch) Taschenbuch (2015) von Praca Zbiorowa

* Richard Demarco – Joseph Beuys: A unique partnership (2016) von Richard Demarco

Joseph Beuys und die keltische Welt: Ein Essay (2005) von Sean Rainbird

3. In den „Tate Papers“ geht Christian Weikop den Beziehungen von Düsseldorf und Edinburgh ausführlich nach:

https://www.tate.org.uk/research/publications/tate-papers/31/beuys-demarco-strategy-get-arts

Dort steht z.B.: „Most were unfamiliar to the British public at the time of the exhibition, but would later become appreciated as key figures, including a roll call of German artists who would attain international significance. These included Richter, Sigmar Polke, Blinky Palermo, Günther Uecker, Heinz Mack, Bernd and Hilla Becher, and of course Joseph Beuys, who at this point had the strongest reputation of the group.“

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Praxis-Seminar „Mit Beuys durch Düsseldorf“

Eine Studentin des Seminars leitet vor der Kunstakademie ihre eigens entwickelte Station an.

 

Aus dem Interview-Projekt heraus und der Erkenntnis, dass junge Generationen wenig Berührungen mit Joseph Beuys haben, entstand die Idee, gemeinsam mit Studierenden der HHU eine Stadtrallye für Kinder und Jugendliche zu konzipieren und ihnen so mit Hilfe kreativer und spielerischer Auseinandersetzung einen Zugang zu dem oft missverstandenen Künstler zu ermöglichen. Die Projektidee wurde von der Förderung der Bürgeruniversität in der Lehre gefördert und läuft inzwischen seit dem Wintersemester 2021/22. Mehr Informationen zum Seminar finden Sie hier.

 

Beuys in Düsseldorf

Joseph Beuys hat in Düsseldorf viele Spuren hinterlassen. In der Stadt finden sich verschiedene Orte, an denen das Wirken Joseph Beuys noch heute sichtbar ist. Der Düsseldorfer Stadtführer Dietmar Schönhoff widmete Beuys ein eigenes Buch und zeigte auch den Studenten des Beuys-Kurses bei einer informativen Führung diese Stellen.