Mit schöner Regelmäßigkeit findet man Meldungen zu einer wissenschaftlichen Studie, auf die wir alle sehnsüchtig gewartet haben. Sie nützt niemandem, sie klärt keine wissenschaftlichen Rätsel – aber als Gesprächsstoff in der Kantine oder auf der Party taugt sie allemal.
Neulich las mir meine Frau aus der Online-Ausgabe irgendeiner englischen Tageszeitung die Meldung vor, dass sich für Rentner, die gut im Kopfrechnen seien, auch die Wahrscheinlichkeit verdopple, dass sie im Alter noch Sex hätten. Das lässt hoffen. Beleg: Eine Studie am International-Longevity-Centre, einem unabhängigen Institut für Alters- und Demographieforschung in London.
Es ist noch nicht lange her, da wurden unter Hinweis auf eine Studie an der Carnegie-Mellon- University in Pennsylvania ebenfalls höchst relevante Erkenntnisse berichtet: Ein Professor Loewenstein hatte die eine Hälfte von 80 Versuchs-Paaren zur Verdopplung ihrer Sexfrequenz aufgefordert – die andere sollte beim „business as usual“ bleiben. Resultat: Mehr Sex führt nicht zu mehr Lust, sondern – in Verbindung mit Leistungsstress – zu Lustverlust und Missvergnügen. Gut, dass wir das jetzt auch wissen.
Nicht, dass ich etwas gegen Forschungen zum Thema Sexualität hätte. Aber zu wirklich relevanten Aspekten findet man überraschenderweise keine Forschung. Zum Beispiel gibt es zur Sexualpädagogik in deutschen Klassenzimmern zwar jede Menge Materialien, Empfehlungen und Richtlinien – teilweise schon für die Grundschule. Aber keinerlei empirische Evaluationen, in denen geprüft worden wäre, wie die auf Basis dieser Materialien und Empfehlungen durchgeführten Unterrichtseinheiten eigentlich bei den Schülern ankommen, welchen Effekt sie haben, und ob sie nicht gelegentlich gar das Gegenteil der hehren Ziele in Bezug auf sexuelle Vielfalt bewirken.
(veröffentlicht am: 10.11.2016)