Immer häufiger gerät die Test- und Ranking-Industrie in die Kritik: In England, wo standardisierte Leistungsmessungen früher und flächendeckender ins Bildungssystem Eingang gefunden haben – seit 1992 gibt es das OFSTED (Office for Standards in Education, Jahresetat über 250 Millionen Euro) –, mahnen jetzt Kritiker zur Besinnung. Die führenden Mädchen-Schulen haben begonnen, neue Tests einzusetzen, die keine Schülerin mit hundertprozentig richtigen Antworten bestehen kann. Auch die ehrgeizigsten Schülerinnen sollen wieder lernen, mit Fehlern und Niederlagen umzugehen. Man darf gespannt sein, wann an deutschen Hochschulen die ersten „Anti-Verbissenheits-Übungen“ angeboten werden. Wenn es stimmt, dass Ritalin inzwischen auch in bestimmten Studiengängen fast zum Grundnahrungsmittel geworden ist, dann wäre es eigentlich höchste Zeit. Dass statt Überforderungsabhärtung vielleicht Testreduzierung auch eine Option sein könnte – das kommt auf der Insel offenbar kaum jemandem in den Sinn. In Deutschland würde vielleicht argwöhnisch gefragt: Ist das nicht typisch, dass ausgerechnet Mädchen-Schulen es sind, die ihren Schülerinnen derartige Frustrationen zumuten? Sollen hier etwa wieder nach dem bewährten Rezept der „erlernten Hilflosigkeit“ den Mädchen Hindernisse in den Weg gestellt werden? In England hat man offenbar zumindest diese Lektion gelernt: Die Frauen sind gerade in Sachen Bildungserfolg eindeutig zum starken Geschlecht geworden.