Viel ist geschrieben, noch mehr ist lamentiert worden über die Regelung, wonach kein Student mehr zum Besuch von Lehrveranstaltungen verpflichtet werden kann. Jetzt prüft die gar nicht mehr so neue Landesregierung, ob sie es dabei belassen will.
Noch einmal in Kürze: Im Seminar, dessen erfolgreicher Besuch ihm bescheinigt werden soll, braucht kein Student mehr anwesend zu sein. Anwesend sein muss nur noch der Dozent – eine seltsame Umkehr der Sanktionsgewalt. Wer als Dozent zögert, die erfolgreiche Teilnahme trotz Abwesenheit zu beglaubigen, kann belangt werden – zumindest legen die einschlägigen Richtlinien und Präzedenzfälle das nah. Und während der Dozent Maßregelungen zu fürchten hat, wenn er die Anwesenheit der Studierenden dokumentieren oder kontrollieren will, kommt der Student, wann er will – oder nicht. Sanktionslos. Der Dozent aber hat massive Sanktionen zu fürchten, wenn er selbst auf die Idee kommen würde, dass vielleicht auch seine Anwesenheit entbehrlich sei und folglich nicht kontrolliert werden dürfe. Dass die Teilnahmefrequenz sich inzwischen drastisch reduziert hat, ist kein Geheimnis, wenn auch Professoren darüber nicht viel reden. Es gibt schließlich die These, dass Studenten nur dort wegbleiben, wo die Lehre schlecht ist.
Letzte Woche wurde mir im Gespräch mit einem Kollegen die neue Normalität klar: Der formulierte nämlich ganz lapidar, dass „kaum noch Lehre stattfindet – nur noch Prüfungswesen.“ Irgendwie scheint sich „die Idee der Universität“ überlebt zu haben. Zumindest in ihrer bisherigen Form.