Über 1000 Schulen hat Erdogan per Dekret in der Türkei schließen lassen, Zehntausende Lehrer aus dem Staatsdienst entlassen, Tausende Wissenschaftler auf die Straße geworfen, Dutzende Rektoren und Dekane ihres Amtes enthoben und ganze Hochschulen verboten. In den kurdischen Gebieten der Ost-Türkei fällt an vielen Schulen der Unterricht aus – fast alle Lehrer sind davongejagt worden. In die Gebäude der Hochschulen sind nicht selten AKP-Büros eingezogen. In den unter Zwangsverwaltung gestellten Medienkonzernen und Wirtschaftsunternehmen wurden Erdogan-treue AKP-Funktionäre in Spitzenpositionen etabliert – wobei die wichtigste Entscheidung der neuen Herren meist darin liegt, sich ein Vielfaches des Gehalts zu bewilligen, das die vorherigen rechtmäßigen Firmeninhaber sich ausgezahlt hatten. All das geschieht unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung und der Bestrafung der angeblich am Putschversuch vor einem Jahr Beteiligten. Ohne Beweise, ohne Gerichtsverfahren, ohne Rechtsweg. Alleine die Behauptung, dem Prediger Gülen nahezustehen oder seine Schriften gelesen zu haben, reicht. Oder die Anschuldigung, sich für die Kurden einzusetzen. Statt der auf die Aussöhnung abendländischer Wissenschaft und islamischer Religion setzenden Gülen- Schulen werden nun verstärkt die Iman-Hatip-Schulen, staatliche Berufsfachgymnasien für die Ausbildung von Imamen und Predigern, ausgebaut. In einem Interview vom 18. März nimmt der BND-Präsident Bruno Kahl Stellung zu Vorwürfen gegen den türkischen Prediger Gülen. Kahl sieht keine Anzeichen dafür, dass die Bewegung hinter dem Putschversuch steckt: „Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen.“ Ebenso widerspricht er der von der Türkei propagierten Aussage, die Gülen-Bewegung sei islamisch-extremistisch oder gar terroristisch: „Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung.“
(veröffentlicht am: 13.07.2017)