Dass Google und Facebook unsere Nutzer-Daten sammeln und Konsumenten- und Interessensprofile anlegen – daran haben wir uns fast schon gewöhnt. Auch wenn ein österreichischer Jura-Student vor kurzem vor dem Europäischen Gerichtshof erwirken konnte, dass der umstandslose Transfer europäischer Nutzerdaten an die Daten-Kraken nach California zukünftig erschwert wird. Die zweifelhaften Segnungen des digitalen Zeitalters setzen dessen ungeachtet zu einem neuen Quantensprung an.
Erste Software-Angebote sind auf dem Markt, die das Lernverhalten, das Lerntempo, die Auffassungsgabe etc. von Menschen verfolgen und aufzeichnen. Welche Aufgaben der Lernende wie schnell löst, welche Hilfsmittel er verwendet, auf welchen Webseiten er sich informiert, welche Fehler und Umwege ihm unterlaufen – all das wird „getrackt“, wie das heute heißt. In einer nicht allzu fernen Zukunft wird der Anwärter auf eine Beförderung, wird der Absolvent im Bewerbungsgespräch also nicht mehr Bildungszertifikate vorlegen müssen.
Bachelor, Master, Zusatzqualifikationen – alles Schnee von gestern. Lerntempokoeffizienten und Lerntypprofile könnten das gute alte Zeugnis ersetzen. Selbst wenn es sowas wie ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gibt – wer einen Job will, dürfte seine Learning History kaum als Privatsache behandeln können. Dass dazu auch die Bewegungs-Daten aus der mit dem Smartphone gekoppelten Fitness-Armbanduhr gehören, versteht sich fast von selbst.
„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, wusste Hölderlin. Und so ist zu erwarten, dass der Sportmuffel die Fitness-Watch seinem Hund umbindet und clevere Studenten einen schwunghaften Handel mit getunten Lern-Profilen aufziehen werden.
(veröffentlicht am: 17.03.2016)