Jeder Wissenschaftler kennt sie, die wenig erfreulichen Mitteilungen, dass ein eingereichter Forschungsförderantrag nicht in den Kreis der bewilligten Projekte aufgenommen werden konnte. Gewöhnlich sind derartige Schreiben dann mit tröstlichen Worten garniert, in denen versichert wird, dass die Ablehnung keinerlei Urteil über die Qualität oder Relevanz des beantragten Forschungsprojektes darstelle. Man habe eben leider angesichts der Vielzahl der Anträge und der Begrenztheit der verfügbaren Mittel eine Auswahl treffen müssen und so weiter. Über das letzte derartige Schreiben jedoch kam ich ins Grübeln. Denn dort war zusätzlich die Möglichkeit angedeutet, meinen Förderungsantrag zurückzuziehen. Gut, die Ablehnung ist unabänderlich. Man kann nicht immer gewinnen. Aber warum dann den Antrag zurückziehen? Erst als mir später ein Kollege erklärte, dass es immer mehr in Mode kommt, beziehungsweise immer öfter erwartet wird, dass man in wissenschaftlichen Lebensläufen und Bewerbungsunterlagen nicht nur Publikationen und erfolgreiche Drittmitteleinwerbungen dokumentiert, sondern auch Erfolgsquoten, ging mir ein Licht auf. Also: Der erfolglose Antragsteller schönt seine Erfolgsquote, indem er die erfolglosen Anträge aus der Statistik wieder verschwinden lässt. Mit amtlicher Unterstützung, denn man darf ja ganz offiziell so tun, als hätte man nie einen Antrag eingereicht. Da scheint der Weg vorn Antrags-Fake zur Fake-Forschung tatsächlich nicht mehr weit.
(veröffentlicht am: 03.06.2017)